Nachstehend der Pressebericht von Andrea Hennecke, der am 17.9.2014 in gekürzter Fassung im Kreis-Anzeiger veröffentlicht wurde.

Dorffest Nieder-Seemen Ländlich-historischer Markt 14.9.2014


NIEDER-SEEMEN (ahe). Anlässlich der urkundlichen Ersterwähnung ihres Heimatdorfes vor 675 Jahren hatten die Nieder-Seemer am Sonntag zu einem „Ländlich-historischen Markt eingeladen: Bei herrlichem Spätsommerwetter pulsierte in dem kleinen Seementaldörfchen das Leben, denn Einwohner und Ausflügler ließen es sich nicht nehmen, auf dem Festgelände einzukehren, entlang der mit 65 Verkaufsständen gesäumten Gassen zu bummeln und in die mit altertümlichen Landwirtschaftsmaschinen und Früchten des Herbstes ausstaffierten Innenhöfe einzukehren.
So etwa waren rund um die Kirche Feuerwehrausrüstungen von anno dazumal zu bewundern. Hier zog vor allem der aus dem Jahre 1899 stammende Schlauchwagen die Blicke auf sich. Gleich nebenan luden Andreas Schäfer, Jonas Günther und Jan Sauerwein zum Probieren von fruchtigem Apfelsaft, den sie in einer über 80 Jahre alten Presse aus unbehandelten Früchten von der Streuobstwiese herstellten, ein. Im Innern des Gotteshauses hatte Gudrun Kneip aus Unterreichenbach Trachten ausgestellt. In der Hofreite von Stephan Jäger ließen historische Nähmaschinen und Spinnräder, Lastenschlitten, Milchzentrifuge und Mähmaschinen mit Platz zum Einspannen von vier Kühen Nostalgie aufkommen. Gleich gegenüber waren auf dem Anwesen von Dirk Winter historische Grabsteine zu bewundern und erzählte in Winters Lagerhalle eine Fotoausstellung ein Stückchen Geschichte. Beim weiteren Spaziergang wurden die Besucher von einem dumpfen Geräusch auf eine Dreschmaschine aus dem Baujahr 1950 aufmerksam. Die Mitglieder des Landmännervereins Bermuthshain demonstrierten mit der alten Dame, wie vor mehr als 60 Jahren Korn gedroschen wurde. Nicht minder zog Peter Müller aus Vonhausen mit seiner 70 Jahre alten, voll funktionstüchtigen Häckselmaschine die Blicke auf sich. Wie er aus Erzählungen von seinem Opa wusste, sei die Maschine früher zum Zerkleinern von Stroh, Grünzeug und Dickrüben für die Viehfütterung eingesetzt worden. Nur ein paar Schritte weiter demonstrierte Walter Hansel aus Lautertal die Herstellung von Seilen auf einer manuell betriebenen Seilerei, Baujahr 1870. In der Hofreite Kaiser in der Kirchstraße waren neben altem Handwerk auch geschichtsträchtige Fotos und Postkarten ausgestellt. „Echt wollig“ ging es am Stand von Yvonne Jäger aus Kirchbracht zu. Gudrun Müller aus Kirchbracht ließ sich beim Flechten von Körben über die Schulter schauen, während der Vorsitzende des Imkervereins Gedern / Burgbracht, Herbert Gottschalk, Interessierten Auskunft über die Imkerei gab. Wer auf dem Spaziergang durch das Dorf eine Verschnaufpause brauchte, der machte am Stand der Weinscheune Mauswinkel halt, wo Inhaber Gerhard Betz unter anderen Erdbeer-Secco und das Birsteiner Perlchen kredenzte. Ebenso waren die selbst gebrannten Schnäpse und fruchtigen Liköre von Klaus Baumbach aus Wenings nicht zu verachten. Und wer Nieder-Seemen und Umgebung mit dem Planwagen erkunden wollte, der nahm auf der Kutsche von Robert Farr Platz.
Parallel zu den Aktionen unter freiem Himmel startete der Festsonntag mit einem Zeltgottesdienst, den der neue Pfarrer des Seementals, Michael Kuhnke, zelebrierte. Im Anschluss rollte Erhard Müth vom Geschichtsverein Seemental die 675-jährige Geschichte von Nieder-Seemen auf. Erste Gehöfte seien bereits im 4. Jahrhundert im oberen Seemental vermutet worden. Die Besiedlung habe demnach also schon vor etwa 1700 Jahren begonnen. Im Zeitraffer riss Müth die Kirchengeschichte an. Er unterstrich, dass Nieder-Seemen vor etwa 400 bis 200 Jahren durch den „Guten Born“ als Wunderquelle des Vogelsbergs mehrfach berühmt wurde, skizzierte das Schulwesen und ging auf die Auswanderer ein. Und auch der Nationalsozialismus und Kriege gingen nicht spurlos an Nieder-Seemen vorbei. Schließlich ging Müth auf das Gewerbe, Persönlichkeiten und Vereinsleben ein.
Grußworte schlossen sich an. „Ziemlich dünn sind die für die Ehrengäste reservierten Sitzgelegenheiten besetzt. Aber dieses Desinteresse wird dem Fest keinen Abbruch tun“, kritisierte Bürgermeister Klaus Bechtold, bevor er die Gäste zum Dorffest als Kooperationsveranstaltung von Magistrat der Stadt Gedern, Ortsbeirat Nieder-Seemen und Ortsvereinen willkommen hieß. „Dieses zweitägige Fest ist ein Brückenschlag zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ihr Nieder-Seemer habt mit dieser gelungenen Veranstaltung eure Leistungsfähigkeit in der Gemeinschaft unter Beweis gestellt. Mit diesem Fest zeigt ihr, dass es sich lohnt, hier zu wohnen, zu leben und zu arbeiten. Denn eine aktive Dorfgemeinschaft kann viel bewegen und trägt zum Erhalt unserer kleinen liebenswerten Dörfer bei. Das Festmotto `Unser Dorf lebt...` könnt ihr wahrhaftig für euch in Anspruch nehmen. Gebt eure Zukunft auch weiterhin nicht in die Hände anderer“, fand Bechtold beeindruckende Worte.
Im Namen des Ortsbeirats Nieder-Seemen begrüßte Ortsvorsteherin Simone Konietzke-Neisel die Gäste. „Wir sind ein Teil der drei Seementaldörfer und ein Puzzleteil der Großgemeinde Gedern. Feiern Sie mit uns gemeinsam die urkundliche Erwähnung von Nieder-Seemen vor 657 Jahren“, lud sie ein.
„Als Nachbarn grüßen die Ober-Seemer, denn der Seemenbach verbindet uns mit euch“, sagte Ortsvorsteherin Ilona Rehak. Sie unterstrich, dass trotz Zusammenschluss zur Großgemeinde jedes Dorf seine Identität für sich bewahrt habe. „Möge unser schönes Seemental auch weiterhin ein Ort zum Leben sein und das gesamte Seemental und der Vogelsberg eine friedliche Zukunft haben“, wünschte sie.
Viktor Hergert, dessen Vorfahren 1766 nach Russland ausgewandert waren, erwähnte in seinem Grußwort, dass sich seine Nachkommen mittlerweile vor allem in Russland, Deutschland und den USA angesiedelt hätten.
Nach den Ansprachen sorgten die Tanzgruppe des Landfrauenvereins Nieder-/Mittel-Seemen und die Seementaler Musikanten sowie das Kinzigtaler Trio „Ladies United“ für Unterhaltung. Die Verköstigung der Gäste hatte die Metzgerei Stiebeling aus Hirzenhain übernommen. Die Landfrauen servierten Kaffee und Kuchen. Eisbus, Weinstand und Schokokuss-Wagen rundeten das Sortiment ab. Mit Fahrgeschäften und Süßigkeiten wurde auch den Kindern Unterhaltung geboten.

 

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